Das Standing des Werfens, Teil 1 – Klassenunterschiede

jay carter

Das Werfen hat sich weiterentwickelt.

Diese Erkenntnis mag sich weitgehend um Deutschland herum abgespielt haben, aber schon das Abschneiden der deutschen Mannschaft bei Weltmeisterschaften oder die absoluten Weiten an der Spitze sollten einen Hinweis geben, dass die Qualität zumindest in einer kleinen Gruppe von Werfern heute eine ganz andere ist als noch vor wenigen Jahren.
Andererseits sieht man aber auch, dass bei lokalen Events wie den monatlichen der Mitgliedsvereine des UKSF der Durchschnittswerfer nicht wesentlich weiter wirft als das Gros der deutschen Werfer.

Eine Besonderheit in Deutschland ist, dass schon das (Brandungs-) Angeln an sich eine Trennung von Werfen und Angeln bedingt; während in anderen Ländern die Notwendigkeit besteht, mit schwerem Gerät und großen Ködern weit zu werfen, hat sich in Deutschland durchgesetzt, den Weg immer leichteren Geschirrs und vor allem immer dünnerer Schnüre zu gehen und so ohne oder mit wenig Technik sehr weit zu werfen; der Werferreferent des DMV, Jan, begegnet diesem Trend, indem er die offene Werferklasse bei der Deutschen Meisterschaft eingeführt hat, und die Resonanz gibt ihm Recht. Potentiell könnte sich daraus sogar eine eher rein national betriebene Sportart entwickeln, denn das Interesse gerade an dieser offenen Klasse scheint mittlerweile beinahe höher zu sein als an der Turnierklasse.

Aber zurück zu den ‚Turnierwerfern‘: Gerade an der internationalen Spitze hat sich eine Elite entwickelt, die das Hobby Werfen zum Sport erhoben hat, und das ohne Einschränkung: Spezielle Trainingsmethoden, ausgereiftes spezielles Gerät, individuell angepasste Techniken, selbst ausgewählte Kleidung tragen dazu bei, dass Weiten, von denen noch vor wenigen Jahren nur geträumt werden konnte, heute beinahe als normal angesehen werden. Die Leistungen, die beinahe als Standard gelten, zeigen deutlich, dass Werfen sich zwar noch kaum offiziell, aber vom Anspruch her doch deutlich, zu einem echten Sport entwickelt hat, der als solcher auch schon weitgehend und vor allem zunehmend anerkannt ist.

Daraus resultiert auch eine Unterscheidung in der Werferschaft an sich: Es gibt wie bei den meisten anderen Sportarten auch (mindestens) zwei ‚Klassen‘. Da ist einerseits die deutlich größere Gruppe, die den Sport im Sinne des ambitionierten Breitensports betreiben. Diese gehen Woche für Woche, mal häufiger, mal seltener, auf die Wiese oder an ihre Trainingsstellen und wenn möglich zu Turnieren, um ihren Sport zu betreiben und sich zu verbessern, dies allerdings deutlich im Rahmen eines Hobbies im Sinne von ‚Ausgleich‘. Diese Gruppe macht die Mehrheit der Werferschaft aus, die Motivation ist der freizeitliche Ausgleich anstelle von Fußball oder Joggen oder Playstationspielen, oder aber, um eine fundierte Technik zu erlernen, um am Strand ein wenig weiter zu werfen, oder einfach (und das ist einer der schönsten Gründe!), weil es Spaß macht. Den Anspruch, einmal nationaler oder gar internationaler Meister zu werden, hat der ‚Breitensportler‘ nicht, das Werfen ist Selbstzweck und Freude an sich.

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Davon unterscheidet sich der leistungsorientierte Sportler, der Einfachheit hier kurz Leistungssportler genannt. Dieser wirft durchaus mit einem klaren Leistungsgedanken und zumeist mit einem klaren Ziel, sei es das Anstreben eines Titels oder einer Zielmarke. Dazu bedient er sich mehr als nur dem wiederholten Werfen, er nutzt moderne Materialien, die zu ihm und seiner Technik passen, sucht körperliche Vorteile durch gezieltes Training und generell jeden Vorteil wie vorteilhafte Kleidung oder optimal vorbereitetes ‚Endtackle‘.

Natürlich gibt es Überschneidungen, oftmals Werfer, die den Sprung von einer Gruppe zur nächsten noch nicht oder nur teilweise vollzogen haben; dies teilweise kaum bewusst, weil die Erkenntnis, dass international erfolgreiches Turnierwerfen tatsächlich mittlerweile ein vollwertiger Sport ist, wie die erfolgreichsten britischen, aber vor allem die italienischen und französischen Werfer beweisen, noch nicht in allen Köpfen angekommen ist.

Auch dies ist sicherlich ein Grund, warum Deutschland international so wenig erfolgreich ist – es gibt zu wenige wirklich leistungsorientierte Werfer hierzulande, falls überhaupt. Denn eines ist seit einigen Jahren deutlich: Um erfolgreich zu werfen bedarf es mittlerweile mehr als nur Talent. Allerdings muss man auch sagen, dass es noch nie so leicht war, am Puls der Zeit zu bleiben. Insbesondere das Internet ist eine unglaublich ergiebige Quelle für alles an Wissen, was man braucht, von aktuellen Ergebnissen über Gerätevorstellungen bis hin zu Trainingsplänen, sowohl für das Werfen an sich wie auch für gezieltes Fitnesstraining.
Dieses Wissen, das man sich erarbeiten muss (was aber wie bereits erwähnt niemals so einfach war wie heutzutage), und das Umsetzen dieses Wissens, gepaart mit Engagement, geistiger Transferleistung und dem Quentchen Talent ist die Grundlage für erfolgreiches Turnierwerfen; aber diese Leistungsorientierung gibt es in dieser Form hierzulande (noch?) nicht.

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Was heißt dies nun für das deutsche Turnierwerfen? Zunächst einmal nichts. Es spricht überhaupt nichts dagegen – ganz im Gegenteil, das ist eine geradezu großartige Begründung! -, den Sport aus Spaß an der Freude zu betreiben, aus Spaß an der Geselligkeit, an der Bewegung, am Selbstzweck Werfen. Millionen von Deutschen betreiben irgendwelche Freizeitvergnügen wie Fußball oder Jogging oder Skat oder Angeln nur zum Zeitvertreib und als Hobby, und das Werfen macht da keinen Unterschied, ganz im Gegenteil, es ist eine fordernde Sportart mit physischem, psychischem und technischem Anspruch!

Ein Um- oder Weiterdenken allerdings sollte einmal erfolgen, wenn das Werfen leistungsorientiert betrieben werden soll, denn noch besteht eine große Diskrepanz zwischen Anspruch und Leistung.

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Demnächst: Gedanken über leistungsorientiertes Werfen, Trainingsmethoden, gemeinsame Grundlagen etc.

21 Gedanken zu “Das Standing des Werfens, Teil 1 – Klassenunterschiede

  1. Schöner Beitrag.
    Ich kann mich erinnern, im früheren Forum hatte ich mal einen Trainingsplan beschrieben, wie er von deutschen Leichtathleten genutzt wird, hauptsächlich den Speerwerfern. Der Plan wurde kritisiert und die Umsetzung als unmöglich betrachtet, einfach, weil die Zeit fehlt. Damals hatte ich beruflich das Glück einen Großkunden zu betreuen, der 3 Jahre lang für eine Auslastung unserer Firma sorgte und ich somit fast keinen Außendienst fahren musste, heißt, ich konnte 12 Stunden in der Woche trainieren. Heute sieht das wieder ganz anders aus und ich akzeptiere für mich, dass ich zwar ein gehöriges Wissen über das Werfen habe und auch über Material was zur Verfügung steht, international aber eher zum Bodensatz, der Veranstaltungen mitfinanziert, gehöre. Tatsächlich habe ich die Meinung, welche 2009 noch geherrscht hat, dass man ohne Training in der Weltspitze mit wirft, nie geteilt. Das ist auch nicht der Fall. Die Sportler, die dort sind, haben wahrscheinlich kein anderes Hobby und nutzen jede freie Minute. Das ist schön, denn wir profitieren alle davon, ob von der Rollentechnik oder den Rutenmaterial. Da hat sich doch einiges getan. Ich war gestern mit meiner frisch gewickelten T1000 auf der Wiese und ich habe sehr viel Spaß gehabt. Eine tolle Rute.

  2. Moin Dirk,

    sehr interresant geschriebener Bericht.

    Sowas macht neugierig auf den nächsten Teil.

    Das Angeln mit leichten Gerät ist doch auch ein von dir selber propagiertes Mittel.
    Ist das wirklich ein Deutsches Phänomen?

    Bin mal gespann, wie das gezielte Training zu geößeren Wurfweiten aus deiner Sicht aussehen soll.
    Christoph, was meinst du denn bitte genau mit zum Bodensatz gehören und mitfinanzieren von Veranstaltungen?

    Ist das auf den DMV Beitrag bezogen?
    Oder verstehe ich da was falsche?
    In Deutschland gibt es ja relativ viele Dinge, die man ungewollt mitfinanziert.

    Wünsche auf jeden Fall noch einen schönen Abend und…

    Frohe Ostern euch allen!!!!

    Gruß.

    Achim

  3. Hallo Achim,

    die leichte Angelei, die ich gerne propagiere, ist richtig leichte Angelei, mit Karpfen- oder noch leichteren Ruten am Meer – die leichte Angelei der deutschen Brandungsangler ist das eigentlich schwere Meeresangeln mit bisweilen beinahe leichtsinnig leichtem Gerät, insbesondere im Sinne des Naturschutzes – eine geflochtene 0,08mm-Schnur kann durchaus in den Bereich der Umweltverschmutzung kommen, wenn der Anger damit nicht umzugehen weiß und den Gewässergrund nicht richtig einschätzen kann.

    Das mit dem Finanzieren hast Du falsch verstanden: Damit meint man hierzulande bei Veranstaltungen die Masse der Angler, die engagiert immer dabei ist und mit den Beiträgen die Masse der Preise, Organisation etc finanziert ohne gesteigerte Aussicht, etwas für sich wieder herauszuziehen – zahlendes Fußvolk quasi.
    Und Bodensatz, weil Christoph sich – wie ich mich ebenfalls – zu eben der Masse der Werfer zählt, die zwar immer wieder gerne dabei sind, aber eben keinen Blumentopf gewinnen werden – engagierte Breitensportler mit – in unserem Fall – einer guten Portion ‚Tackle-Tartismus‘ halt (das ist eine gesteigerte Ausprägung eines Faibles für Angel- bzw. Werfgerät, potentiell suchtgefährdend und theoretisch krankhaft).

  4. @ Christoph: In der Tat: Die Zeiten, da das Werfen auch international als Hobby gesehen und man mit hobbymäßiger Einstellung und Vorbereitung ganz vorne liegen konnte sind lange vorbei. Wobei auch schon damals engagierte angehende Leistungssportler dominierten – Paul Kerry warf nicht über 270 Meter mit einer 3,66m langen Rute und 35er Schnur, weil er beim Angeln nebenbei ein wenig übte, und Neil Mackellow schrieb selbst, dass er, um ganz nach vorne zu kommen, jahrelang jeden Tag losging, bei jedem Wetter und jedem Anlass, auch Weihnachten und Geburtstag der Frau. Und wie man dem Buch ‚Salt Water Fishing‘ von Harlan Majors entnehmen kann hat schon Primo Livenais, der vor über 50 Jahren weiter warf als die meisten von uns, ein Wissen und eine Energie in den Sport gesteckt, an der sich heute noch die meisten eine Scheibe abschneiden könnten.
    Dazu kommt, dass jeder dieser übermäßig erfolgreichen Werfer seine ganz eigene Technik entwickelt hat – bis heute gab es wahrscheinlich keinen schnelleren Werfer als Paul Kerry, keinen, der die Prinzipien lange Rute – Rolle unten – flacher Wurf so maßgeblich geprägt hat wie Neil Mackellow, und dass Daniel Moeskops den Sport aus einem Nischendasein geführt und zu einer veritablen Sportart gemacht hat ist wenig bestritten.
    Eiserne Disziplin, umfangreiches theoretisches Wissen und ideale Vorbereitung sind unabdingbar; und das gilt freilich nicht nur für das Werfen in der obersten Liga.

  5. Gegen euch Jungs von der Waterkant bin ich technisch und weitenmäßig sicher nur ein kleines Licht jedoch kann ich ganz klar die These unterstützen das Werfen mit schweren Bleien und großen Ködern die Wurftechnik als auch die Wurfweiten klar steigern. Bei starkem Wind und harter Brandung kommt es durchaus vor das ich bis zu 400g Blei plus Köder i.d.R. ein ganzer KöFi ca. 15cm oder den Kopf eines größeren Köfi in die Wellen katapultiere. Werfe ich danach ein Stück Garnele mit 130g Blei aus werfe ich mindestens 20m weiter als hätte ich dies vorher nicht getan. Nach meiner Erfahrung ist ganz einfach die Konzentration auf den Wurf bedeutend größer. Bei 400g Blei plus Köder kann das schon mal weh tun oder auch einen Sturz zur Folge haben wenn man nicht richtig bei der Sache ist.
    Ich möchte mich hier nicht in die Debatte über Trainingsmethoden einmischen weil ich in erster Linie Angler und dann erst Werfer bin dennoch muss auch ich auf Weite kommen um an den Fisch zu gelangen. Mei Ehrgeiz dabei ist es von Land ebenso große Fische zu laden wie manch andere die für viel Geld geführte Angeltouren mit dem Boot unternehmen. Dies konnte ich in den letzten Jahren auch dank der fachmännischen Beratung und des Equipments von Dirk teilweise unter Beweis stellen.
    Es freut mich sehr das eine Handvoll Jungs und Mädels das Thema Werfen ernsthaft und nachhaltig betreiben und dies auch kommunizieren. Letztendlich bringt es den Sport weiter und nebenbei auch größere Fische. Ohne euch würde ich wohl immer noch auf irgendwelchen australischen Internetsites rumlungern oder hätte mich mit dreiteiligen Brandungsruten und Stationärrollen ein Leben lang abfinden müssen. Also macht weiter denn es lohnt sich sowohl im Sinne der Wurfweiten als auch des Meeresangelns.

  6. @Dirk. Du hast den Sinn meiner Antwort voll erfasst. Muss selber gar nix mehr schreiben.
    Wollen wir in diesem Forum Rubriken wie Technik und Brandungsfänge aufmachen? Ich kann gerne noch einmal was zum Kraftteil zusammen fassen. Dirk sicherlich zur Wurftechnik, unterschiedliche Stils flach, high swing, gestreckte Arme, gebeugter rechter Arm u.s.w. gelesen wird hier ja auch weit mehr als man glaubt.

  7. @ Wolfram:
    In der Tat; spannend ist, dass irgendwie nahezu jeder Süsswasserangler in Deutschland etwas lernt: Der Karpfenangler weiß, dass zweiteilige Ruten eine besser Aktion haben, der Hecht- und Spinnangler lernt mittlerweile oft mit einer Multirolle umzugehen, der Fliegenfischer lernt einen komplett neuen Wurfstil, und alle tun dies, um angenehmer, besser oder umfassender ihrem Hobby nachgehen zu können, und ohne wirklich zwingende Notwendigkeit, sondern nur, weil es entweder schön ist oder anglerische Vorteile bieten KANN (nicht zwingend muss); nur der Meeresangler hat seit Jahrzehnten so gut wie nichts gelernt, was Material und Wurftechnik angeht, er ist vollauf zufrieden, mit der technischen Angelgeräteentwicklung mitzuhalten…
    Putzig finde ich übrigens, dass Brandungsruten im japanischen Stil zu genau den Wurftechniken genutzt werden wie die englischen, allerdings mit deutlich geringeren Gewichten; eine AX-Rute (bzw. bei Daiwa eine 35er; längeres Thema) wird in Japan mit 145 Gramm Wurfgewicht angegeben, und die zierlichen Japaner biegen sie bis ins Handteil mit dem Gewicht; nur der im Schnitt deutlich kräftigere Deutsche gibt die gleiche Rute mit 250 bis 300 Gramm Wurfgewicht an und biegt sie nicht über Technik, sondern nur über Kraft und Bleigewicht.

    @ Christoph:
    Gute Idee; setzt Du Dich mal damit auseinander, wie man das technisch macht, soll ich?
    Und ja, es wäre schön, wenn nur ein Bruchteil derer, die hier lesen, auch mal schreiben würden; nicht nur Du weißt ja, wie oft ich schon überlegte, den Blog zu löschen, weil niemand schreibt. Eine Alternative wäre, es zu einem Forum umzubauen; derzeit können nur ganz wenige mit Administratorrechten, quasi Du und ich und sonst fast niemand, Themen starten, das hauptsächlich, um es sauber zu halten, einmal von Spam, aber auch von unsinnigen Beiträgen oder einfach nicht hübschen – ich mag es halt aufgeräumt, mit netten Bildchens. :)

    Sollte allerdings die Mehrheit das anders wollen kann man da durchaus drüber reden.

  8. @ Dirk
    Ich gebe Dir absolut Recht. Sicherlich ist es schön Kraft zu haben und wenn notwendig auch einzusetzen aber dies nicht unbedingt im Wurf. Man verkrampft und der Wurf geht meist „in die Hose“. Mir ist es deutlich lieber die Rute schön zu beschleunigen um auf Weite zu kommen aber in der starken Brandung braucht es halt hin und wieder mehr Blei wenn der Köder dort etwas länger liegen bleiben soll. Zum Köderfisch angeln verwende ich bei stärkster Brandung (Wellen bis ca. 5m Höhe, darüber macht das Angeln im Atlantik keinen Sinn mehr wegen des hohen Materialverlusts) ca. 130g Blei (genauere Angaben kann ich nicht machen weile ich alle Bleie selber gieße und nicht alle gleich schwer sind +/- 5 g). Der Köder bleibt zwar nicht lange liegen, fischt mir dafür die komplette Brandung bis auf Strandnähe ab.
    Was ich absolut vermisse sind gescheite Videobeiträge bei You Tube auf deutscher Sprache. Kein Mensch erklärt dort den Pendelwurf oder den Ablegewurf auf Deutsch. Eigentlich schade weil nicht jeder Fremdsprachen spricht. Ich denke das wäre ein guter Weg den Sport auch im deutschsprachigen Raum ein wenig schneller weiter zu entwickeln. Da mir das Werfen niemand beigebracht hat habe ich mich an den Videos von John Holden und vielen anderen orientiert.

  9. Videos zu erstellen ist ein Projekt, auf dem wir schon länger herumdenken; das wird auch irgendwann angegangen.
    Ein Problem ist allerdings, dass der deutsche Meeresangler gar nicht gewillt zu sein scheint, Neues anzunehmen. Selbst wenn mal ein Wurf gezeigt wird, heißt es gleich, das habe mit Angeln nichts zu tun und sei vor allem gefährlich, und das bekommst Du aus den Köpfen nicht heraus. Ich hatte vor längerer Zeit einmal Videos im Anglerboard eingestellt, und da kamen genau die Kommentare – ‚wenn einer am Strand so wirft hau ich ihn um‘ bzw. ‚dann hau ich gleich ab, bevor mir so ein Blei an den Kopf knallt‘ – ohne auch mal nur zu erfragen, warum man denn so wirft, was Vor- oder Nachteile sein mögen, oder zu erahnen, dass der ursprüngliche Sinn des Werfens im DMV mal war, sichere, weitere und köderschonende Würfe zu praktizieren. Und auch andere Werfer auf anderen Turnierwiesen, z.B. Gütersloh, wollen weitgehend mit anderen Wurftechniken nichts zu tun haben, einige sagen sogar, dass sie nicht auf die Wiese kommen, wenn Pendel- oder Schleuderwerfer da sind.
    Eine große Orientierung der Werfer sin freilich die erfolgreicheren Brandungsangler; nicht die emporkommenden selbsternannten Spezialisten (‚ich bin Teamangler, ich bin ein besserer Angler als Du!‘), sondern langfristig erfolgreiche Angler wie z.B. Dieter Großmann oder Thomas Fischer, um nur zwei zu nennen – diese sagen und zeigen im Tageslicht, wie sie über Kopf weit werfen mit ausgefeiltem Gerät und viel Kraft; schon dass man solche Angler auch bisweilen auf Wiesen beim Trockenangeln sieht oder gar in früheren Zeiten bei Turnieren sollte zu denken geben, und wenn es dunkel wird werfen tatsächlich nicht mehr alle nur noch über Kopf! Das allerdings sieht dann Otto Normalangler nicht und sagt, alles, was nicht über Kopf geworfen wird, ist regelwidrig und gefährlich. (Eine interessante Erscheinung ist, dass auch die, die nie im Leben nicht Veranstaltungen fischen, eher noch allein losgehen, nur über Kopf werfen; wahrscheinlich ist dem Deutschen an sich der Herdentrieb und die Hörigkeit mit der Muttermilch eingegeben.)
    Aber ja, natürlich hast Du Recht, gerade mit schwerem Gerät und bei widrigeren Anforderungen bist Du natürlich im Vorteil, wenn Du nicht limitiert bist auf Überkopfwürfe. Video- und Photostreckenprojekte sind angedacht (eine Photostrecke ist auf der Kongseite gezeigt), auch, um zu demonstrieren, dass richtig ausgeführte Würfe in der Brandung nicht nur sicher für Nebenstehende sein müssen, sondern das auch sind, die einzige Gefahr kommt immer nur dann, wenn Ungeübte sich ohne tieferes Wissen an Schleuderwürfen versuchen und dabei weder Geräteanforderungen (wichtiges Thema: Schlagschnur!) noch Sicherheitsaspekte berücksichtigen – genau hierfür ist auch das Werfen mit Erfahrenen, am besten auf der Wiese, notwendig!

  10. Sorry, ich wusste nicht das man im Land der Dichter und Denker so borniert ist.
    Als geborener Deutscher und seit Geburt in Frankreich lebend und in Deutschland arbeitend also zwischen den Kulturen unterwegs bleibe ich bei den Franzosen immer der typisch Deutsche welcher im Vergleich zu den Franzosen innovativ und anders denkend ist, eben deutsch.
    Hat das in Deutschland vielleicht etwas mit Vereinsmeierei und den eingehämmerten Doktrinen zu tun? Es sollte doch jedem nur halbwegs ambitionierten Brandungsangler einleuchten wenn man jemanden am Strand trifft welcher sein Hobby teilt und der es zu deutlich besseren Ergebnissen bringt gleich welcher Art, diesem mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
    Ich angle jetzt seit Jahren ein „Ding“ zwischen Süß- und Salzwasser an beiden Gewässertypen was ich als „Crossfishing“ bezeichne. Dabei verwende ich im Salzwassser durchaus Montagen die eher dem Süßwasserangeln zugeschrieben werden und im Süßwasser Köder welche eher im Meer vermutet werden und umgekehrt. Sprich: einem Aal schmecken durchaus Garnelen und einem Meeresfisch durchaus auch künstliche Köder aus dem Glas eines amerikanischen Hersteller. Über die Wurftechnik entscheidet allein die Gewässergröße (und natürlich auch das Material).
    Schlagschnur wird bereits von vielen Karpfen- und Welsanglern eingesetzt um einen Abriss zu reduzieren. Viele Süßwasserangler suchen ja gezielt Unterstände in Ufernähe um Jägern auf zu lauern oder die Futterwege von Karpfen anzuwerfen aber auch da gibt es Barschberge in Gewässern welche mit einem Überkopfwurf einer guten Karpfenrute unerreichbar sind und nicht jeder hat ein Boot mittlerweile Futterboot (ferngesteuert). Andererseits unterscheiden uns all diese Dinge vom „Normalangler“ und wollen wir das etwa nicht?
    In Punkto Tuniererfolgen wären mehr Aktive sicher wünschenswert aber in Sachen erfolgreiches Angeln vom Ufer freut es mich persönlich schon ein bisschen das sich die Mühe lohnt. Wem geht es nicht runter wie Öl wenn der „Nachbar“ in der Brandung hilflos ist und höchstens ein paar Sprotten an den Haken kriegt? Meiner Erfahrung nach sind dann viele gekommen die sich für Technik und Gerät interessiert haben. Leider nie Deutsche !!!

  11. Land der Dichter und Denker?!
    Land der Richter und Henker passt mMn deutlich besser.

    Innovativ ist man in der BRD nur bei der Steuergesetzgebung und beim SichRausReden vor irgendwelchen Untersuchungsausschüssen.

    Im Übrigen verstehe ich nicht, warum Ihr Euch um den unbelehrbaren, starrsinnigen toitschen Brandungsangler auch nur ansatzweise scherrt – sollen sie doch machen, was sie wollen.
    Das Fischen und Werfen mit Multis wird sich hierzulande nie durchsetzen, sondern wird immer einen kleinen Gruppe völlig gestörter Typen vorbehalten bleiben

  12. @ Wolfram: Siehste? Deutsche fragen nicht unbedingt; falscher Stolz oder überzogenes Selbstbewusstsein oder… keine Ahnung.

    @ Abu: In der Tat; wobei es hier überhaupt nicht um Multirollen geht, sondern ums Werfen, und dabei ist der Rollentyp ziemlich nebensächlich; wobei wir hier doch recht abgedriftet sind (wobei die Erörterung des deutschen Brandungsanglers an sich schon recht interessant ist), es geht um das Werfen an sich, das sich ja mittlerweile wirklich vom (wiederum deutschen) Brandungsangeln und -werfen deutlich unterscheidet. Allerdings gehört dies ja doch weitgehend zusammen, da sich eine Rekrutierung neuer Werfer kaum ohne das Brandungsangeln machen lässt.

  13. Moin zusammen,

    erst einmal möchte ich anmerken, wie sehr mir dieser Austausch an Meinungen gefällt.

    Allerdings kann ich nicht bestätigen, dass Multirollen nur von“ völlig gestörten“ geworfen werden.
    Die Vorteile der Rollen kann keiner leugnen.
    Und es gibt ja große Unterschiede zwischen den Multirollen fürs Angeln ( ich nutze hier sehr gerne die Penn 525 Mag2).

    Wenn ich daran denke, wie oft ich bei Stationärrollen den Bügel beim Wurf habe umklappen sehen, dann sind diese Rollen auch nicht so einfach zu handhaben.

    Einfach mal ein großes Gewicht mit Stationär und mit Multi reinkurbeln.
    Da merkt man eine Stärke der Multi.

    Beim Werfen der Vereine, dass Jan letztens veranstaltet hat, waren von den 27!!! Teilnehmern sehr viele mit der Multi am Start. Unter anderem mein 13 Jahre alter Sohn und meine Frau. Mit der Multi wurden nicht die Weiten der Stationärrollen geworfen, aber die wurden problemlos geworfen. Und auf die Technik wird immer geachtet.

    Wenn da weitere Unterstützung kommt, danke dafür.

    Freue mich darauf.

    Wünsche noch einen schönen Abend.

    Gruß.

    Achim

  14. In der Tat haben Multirollen beim schweren Angeln durchaus Vorteile, sofern man damit umgehen kann; bei unserem deutschen Angeln mit dünnen Schnüren auf vornehmlich sauberem Grund und unseren verhältnismäßig kleinen Fischen haben Multirollen kaum Vor-, aber auch in der Regel keine Nachteile.
    Wie aber schon mal geschrieben hat Werfen als Sport nicht unbedingt etwas mit Multirollen zu tun; das Ziel des Werfens ist mit (grundsätzlich angelbarem) möglichst weit zu werfen, und auch wenn das zumeist kein Selbstzweck ist (und falls doch zeigt sich in der praktischen Umsetzung – beim Angeln – eigentlich immer, dass fundierte Technik, die man automatisch von der Wiese mitbringt, zu weiteren Würfen führt). Zu diesem Ziel des Sportes muss man basierend auf einigen grundlegenden Regeln und natürlich Tatsachen sehen, wie man das individuell am besten hinbekommt; und insbesondere beim Werfen mit dünnen Schnüren haben dann oftmals Stationärrollen ihre Daseinsberechtigung, wie ja nicht zuletzt Flo Hinz im vergangenen Herbst gezeigt hat, und auch Weltmeister und -rekordhalter Danny Moeskops greift, wenn die Bedingungen es erlauben oder geradezu fordern zur Stationärrolle.
    Damit also vielleicht genug zu Multi- und Stationärrollen, darum geht es deutlich nicht vorrangig beim Distanzwerfen, und wer keine ordentliche Wurftechnik hat wird mit keinem Rollentypen das Optimum an Wurfweite herausholen!

  15. Moin zusammen,

    die Technik macht es.

    So einfach ist das.

    Dann kommt noch die persönliche Vorliebe / Begabung dazu und schon kann jeder mit seiner Rolle und der passenden Technik „weiter“ kommen.

    So ist das.

    Und Dirk.

    Flo hat nicht nur vergangenen Herbst mit der Stationärrolle weit geworfen :-)

    Sondern auch in diesem Jahr schon. Und zwar mächtig weit.

    Jan müsste den Bericht bald fertig haben.
    Dann kann da ja jeder nachlesen.

    So wie ich mich auf weitere Infos hier freue.

    Bis dann.

    Achim

  16. @ Achim
    Ich stimme Dir in allen Punkten zu !
    Letztendlich kann nur derjenige darüber urteilen der beide Rollentypen kennt bzw. es gibt auch neben den Fliegenrollen einen dritten Rollentyp, die Drehrolle. Sie wird so viel ich weiß ausschließlich von einer australischen Firma gebaut. Zum Wurf dreht man sie aus und hat im Grunde eine Stationärrolle mit übergroßem Diameter (für den Menschen der uns als unbelehrbar und starrsinnig bezeichnet auch Durchmesser der Spulenrolle genannt. Es ehrt Dich das Du Steuern zahlen darfst) was zu unglaublichen Wurfweiten führen kann. Bei Einholen oder Drill dreht man die Rolle zurück und hat die Kraft einer Multi. Ist aber letztendlich auch egal wofür sich wer auch immer entscheidet und dabei glücklich ist. Da ich aus dem Vertrieb komme und Menschen beim Einkaufen helfe, der „Starrsinnige“ würde es vielleicht als jemanden etwas auf´s Auge drücken bezeichnen, gilt für mich der Grundsatz : „Keiner weiß was er nicht weiß“ !!!
    @ Abu_hamza
    Ich finde es völlig okay wenn ich als gestörter Typ mit einer Abu Mag Elite einen Zitronenhai von 227cm drille und lande während Du Normalo an deinem Forellenteich mit einer 7000er Jagd auf Inzuchtskarpfen machst. Die Welt ist halt vielfältig und jeder kann im Grunde tun was er will. Übrigens mache ich selber Jagd auf Karpfen mit so einem Geschoß :-)) Ich muss dabei aber auch keine übergroßen Weiten erzielen. Es ist aber auch völlig egal welchen Rollentyp man benutzt wenn man nicht die richtige Rute und die richtige Technik dazu hat. Tipp: Versuche es doch mal mit dem Angelladen um die Ecke und wenn Du nur ein wenig darüber nachdenkst wirst Du feststellen das „Kuchen backen und Arschbaken“ wenig gemeinsam haben.

  17. Moin Wolfram,

    so jetzt ist es passiert.

    Ich suche was im Internet und finde es nicht.

    Hast du mal nen Link zu diesen Drehrollen aus Australien?

    Danke im Voraus.

    Gruß.

    Achim

  18. http://alvey.com.au/product-category/surf-fishing-reels/

    Ich habe – freilich dank Wolfram; auch hier nochmal herzlichen Dank, Wolfram, für das neue Spielzeug! – eine davon hier, ein echtes Problem sind das hohe Gewicht, ein anderes Schnurdrall; das erste Problem ist sehr einfach zu lösen, einfach Rolle unten, fertig; das zweite ist eher eines auf der Wiese, beim Angeln und nicht zu dünner Schnur ist das kein Problem; dafür bekommt man eine Rolle mit unglaublich breiter und weiter Spule, und ich spiele grad ein wenig mit dem Backcast, dünner Schnur und dieser Rolle herum… ui!

  19. @ Achim
    Alvey.com , exakter Link siehe unten
    Ich habe sie damals bei einem australischen Händler gekauft. Die Rolle welche ich Dirk geschickt habe ist in der Tat sehr schwer. Es gibt aber auch kleinere und leichtere Modelle. Auf die Ruten von Alvey kannst Du mit Sicherheit verzichten weil für das Weitwerfen zu weich aber in der Brandung machen sie Spaß. Du solltest den untersten Rutenring mit gehörigem Abstand ähnlich wie bei der TT-Sport von der Rolle platzieren. Dabei nimm den größten Rutenring den Du kriegen kannst weil die Schnur im riesigen Kreis von der Rolle geht.
    alvey.com.au/
    So viel Spaß beim australischen Brandungsangeln. Die haben gute Tipps wie running ballsinker oder drei Haken hintereinander „schalten“. Praktiziere ich zum Teil seit über 10 Jahren.

  20. @ Dirk
    ich wußte das diese Rolle bei Dir in den richtigen Händen ist. Es freut mich sehr zu Hören das mit ihr arbeitest. Solltest Du mal einen Fang damit machen wirst Du sehen das Du mit ihr fast jeden Fisch „platt“ machst. Welche Rolle kann sonst für sich beanspruchen 600m Schnurreserve zu haben?
    @ Achim
    Manchmal kann man eine gute gebrauchte Rolle bei Auktionshaus e..y günstig schießen. Besonders in GB oder in F. Die wissen ganz einfach nicht wie man damit wirft oder haben nicht die passende Rute dazu. Solltest du eine ergattern dann versuche niemals mit ihr wie mit einer Stationärrolle zu werfen. Ich habe mir damals den Zeigefinger ziemlich tief eingeschnitten. Nähere Infos wird dir Dirk geben können.
    Gruß aus Frankreich
    Wolfram

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