Einfluss des Schnurdurchmessers auf die Wurfweite

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Okay, das ist ein gefährliches Thema: dass man bei gleichbleibenden Verhältnissen mit dünnerer Schnur weiter wirft ist einleuchtend und nichts Neues; wie sehr aber Schnurstärke die Wurfweite beeinflussen kann ist schon beeindruckend:

Dies erklärt den ‚deutschen‘ Weg: keinen besseren Wurfstil lernen, sondern dünnere Schnur verwenden, ob es aus anglerischer (und umweltschonender) Sicht Sinn macht oder nicht – sicher gibt es Situationen, wo man durchaus eine 23er monofile oder 12er geflochtene Schnur fischen kann, beispielsweise auf Fehmarn am Südstrand, wo auf 200 Meter kein Steinchen und keine Muschel liegen, aber sobald genau das passiert ist die Gefahr eines Abrisses zu hoch, um solch dünne Schnüre zu fischen, der Einsatz zwar bei Veranstaltungsanglern üblich, aber aus bekannten Gründen potentiell verwerflich.

Die Unterschiede in den Weiten liegen übrigens nicht nur am Gewicht und Luftwiderstand der dickeren Schnur, sondern auch an der erhöhten Reibung sowohl in den Ringen wie auch an der Spulenkante besonders bei Stationärrollen – je weniger Schnur auf der Spule, desto höher die Reibung, und je dicker die Schnur, desto schneller sinkt der Durchmesser der Schnurfüllung auf der Spule.

Dennoch erklärt das Video auch die Weiten der Brandungsangler nicht nur in der Brandung, sondern zum Beispiel auch beim Distanzwerfen der Meeresangler des DMV, wo der erste der ‚regelfreien (offenen) Klasse‘ jenseits der 230 Meter warf (und ein solcher Wurf ist beeindruckend, egal welches Gerät genutzt wird!), der zweite kam noch auf um die 180, der dritte auf etwas unter 150 Meter.

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Exkurs:
Hierzu zwei kleine Berechnungen; diese freilich nur grob geschätzt:

  1. Legt man ähnlich dünne Schnur, aus rechnerischen Gründen etwas dicker geschätzt, weil mit Geflecht geworfen wurde und diese deutlich höhere Reibung erzeugt, zugrunde, und nimmt man eine ‚regelkonforme‘ Schnurstärke beispielsweise zum 150-Gramm-Blei an (0,31mm plus 0,75mm Schlagschnur), so kommt man nach nur geschätzten, aber erfahrungsmäßig hinterlegten, Berechnungen bei den drei genannten Werfern unter Turnierbedingungen auf etwa 200 Meter (was immer noch sehr gut ist!) für den Ersten, etwa 150 für den Zweiten und etwa 120 für den Dritten; ist das realistisch?
  2. Bei der deutschen Meisterschaft im September 2015, als die genannten Weiten geworfen wurden, war es sonnig und warm mit zwei bis drei Windstärken von hinten, dazu fester Stand auf Rasen und leichte Kleidung, die die Beweglichkeit nicht einschränkt; dazu freilich nur ein Blei ohne System oder Köder.
    Wie mag sich das nun näherungsweise in ‚Angelmeter‘ umrechnen? Nehmen wir den zweiten der DM mit seinen etwa 180 Metern, sehe ich den Ersten doch tatsächlich als Ausnahmewerfer, vor allem unter den Anglern, der zweite mag erfahrenere Angler repräsentieren.
    Bei ‚Sportplatzbedingungen‘ haben wir also:     180m
    Zieht man nun das Vorfach mit Köder ab:        –  25m
    Leichter auflandiger Wind; sagen wir 2Bft:       –  25m
    Nicht annähernd so guter Stand im Sand:        – 25m
    Thermoanzug beim Winterangeln:                    – 25m
    Das ist nur näherungsweise, aber bleiben:         80m
    … klingt das realistisch?

    Und wer nun meint, 80 Meter sei viel zu kurz gedacht, der stelle sich einmal an die Torauslinie eines Fußballfeldes und schaue zum anderen Tor; wer durchhaltefähig unter echten Brandungsbedingungen ins andere Tor wirft wirft echte 100 Meter, und das ist dann schon ein wirklich guter Angler bzw. Werfer! – Ich selbst maße mir nicht an zu glauben, unter Brandungsangelbedingungen durchhaltefähig 100 Meter zu werfen, und ich werfe eigentlich immer meine 220 Meter, mit jedem Gewicht und unter Einhaltung der offiziellen Schnurstärken.

12 Gedanken zu “Einfluss des Schnurdurchmessers auf die Wurfweite

  1. Wenn weite Würfe nötig sind liege ich meist vorn. Bei Wind ablandig werfe ich am Strand ca. 120m wenn es ganz weit geht ca. 140m. Das ist meine Erfahrung. Wie weit andere werfen oder glauben zu werfen ist mir egal. Das liegt wahrscheinlich auch an meinem Alter. Ich sehe die Dinge nicht mehr verbissen und oft muss ich schmunzeln über die über ehrgeizigen Alleskönner. 300m mit Nanofil in der Brandung ist dabei der Rekord, was mir ein Mitstreiter unterjubeln wollte. Ich hab ihn gleich eingeladen. …. :-)

  2. Ich erinnere mich an unser Telefonat (sinngemäß):

    Christoph: „…Mecklenburg… einer neben mir… Shimano Surf Leader… 300 Meter…“
    ich: „jo… es is ja wie es is, nech…“
    Christoph: „Das kannste haben…“
    ich: „…“
    Christoph: „Dirk, hast Du mir grad eigentlich zugehört?“
    ich: „Klar, 200, hört man doch öfter.“
    Christoph: „Nein, nicht 200, 300!“
    ich: „???“

    :)

  3. Ich sehe das auch nicht mehr allzu verbissen; allerdings gehen mir solche Künstler auf den Wecker, die ohne jemals gemessen zu haben solche Weiten behaupten, stecken wir doch einiges an Energie in unser Hobby, um tatsächlich so weit zu kommen.
    Fakt ist auf jeden Fall:
    – Wer weit werfen kann kann auch kurz werfen, anders herum nicht.
    – Sicherlich überschätzen sich 90% der Angler deutlich mit ihren Wurfweiten; was gar nicht schlimm ist, nur die etwas lauteren Angler sind nervtötend, die vehement auf ihr Recht bestehen und auf jahrelange Werferfahrung etc verweisen
    – Immer dünnere Schnur, um weiter zu werfen, ist schon beinahe mutwillige Umweltverschmutzung und Tierquälerei, weil solch dünne Schnur nur allzu oft an Muscheln oder Steinen oder schon im Wurf in den Ringen hängen bleibt.

  4. Der Kerl im Video wirft da mal eben barfuß und OTG 228m!?!
    Muß man den kennen?
    viel Wind scheint da auch nicht gewesen zu sein, bin zugegebenermaßen etwas überrascht!
    Ansonsten volle Zustimmung zu den von Dir im Artikel aufgelisteten Punkten und der angestellten Rechnung, was von 180 Wiesenmetern am Strand übrig bleibt, welcher Punkt dann in welchem Verhältnis wieviel Meter frisst, ist eigentlich unerheblich.
    Bei den Multiwerfern kommt mglw. erschwerend hinzu, dass letztendlich kaum einer mit seinen mühsam getunten Castingrollen angeln geht (von gewissen Daiwa ST Besitzer mal abgesehen).
    Schöner Beitrag, Danke!

  5. Mit so dünner Schnur so weit zu werfen ist gar keine Hexerei, wenn man die Grundlagen des Werfens verinnerlicht hat, wie es ja der Deutsche Meister Freie Klasse offenbar hat, die anderen… nun ja, nicht ganz. Ich habe kürzlich einmal ausprobiert, was passiert, wenn man 14er Mono auf eine Stationärrolle spult und wirft, mit 65er Schlagschnur flogen die 100 Gramm auf Anhieb auf knappe 220 Meter.
    Bis etwa 25er Schnur hat man wohl auch Vorteile mit der Stationärrolle; gerade am vergangenen Wochenende warf Danny Moeskops die 100 Gramm über 250 Meter, ab 28er ist die Multirolle im Vorteil, weil die Reibung am Spulenrand zu groß wird.

  6. Es ist nicht nur das Werfen, die Weite oder etwa anderes logisch erklärbares. Nein. Es ist life style die Faszination eine hangebaute Rute im nostalgischen Look mit einer noch nostalgischer anmutenden Rolle an den Strand zu nehmen und mit schönen Fischen belohnt zu werden für all die von Spaziergängern belächelten Grastrainingsstunden. J

  7. Eben nicht dem Trend zu folgen, mit moglichst kein Aufwand eine Art EErgebnis zu erzielen. Das ist doch nix. Es muss Jahre dauern unzählige Stunden, Verzweiflung und Wut muss man durchleben erst dann ist ein Sektorgewinn etwas wirklich schönes oder ein Treppchen auf dem Podest einer Castingveranstaltung.

  8. So sehe ich das auch; allerdings ist das fernab jeder Mode, und die Mode hat sich tief in die Köpfe des Meeresanglers eingebrannt. Seltsam: Im Süßwasserbereich sind handgebaute Ruten keine Seltenheit, der Fliegenfischer lernt und lernt, um seinen Wurfstil zu verfeinern, nur der Meeresangler tritt auf der Stelle, Individualität ist weitestgehend ein Fremdwort, und Einsatz und Engagement sind nicht gewünscht. Dabei wird übersehen, dass die langfristig erfolgreichen Angler durchaus viel Energie in ihr Hobby stecken, ein Dieter Großmann verändert seine Ruten passend zu seinen Anforderungen aus Erkenntnissen von der Wiese, ein Andreas Burkhardt (ich hoffe, ich habe das richtig geschrieben) verbringt Stunden um Stunden am Wasser und weiß genau, was er wie machen muss, um Fische zu fangen, aber das sieht man freilich nicht – der Durchschnittsangler fragt dann, welche Rute ein Großmann wirft oder welches Vorfach ein Burkhardt gerade, kopiert das ohne Hinterfragen und hält sich für den Profi schlechthin.
    Dann ist mir der altmodische Weg lieber: Erfahrungen sammeln, sowohl durch selbst ausprobieren wie auch durch den Austausch, Wege gehen und ggf. auch mal wieder umkehren und so im Laufe eines Prozesses weiterentwickeln. Der Weg ist das Ziel, der kleine Blechpott auf dem Kaminsims nur Anerkennung.

  9. Liest, lebt, wirft oder angelt hier noch jemand? Seit November 2015 habe ich kein Lebenszeichen mehr von Dirk erhalten. Trotz email oder whats app, jetzt haben wir Ende April 2016. Wäre echt schön mal was zu hören oder zu lesen. Ich mache mir echt Sorgen Junxx

  10. Ich gehe mit meinen Multis nicht auf die Wiese um ständig neue Weiten zu erreichen sondern damit ich am Wasser nicht aus dem Rhythmus komme. Tue ich das nicht brauche ich immer 1-2 Tage um Perückenfrei zu werfen. Davon abgesehen finde ich es persönlich ein viel spannenderes Angelgefühl mit einer Multi einen Fisch zu landen und dabei die Schnur noch ordentlich zu verlegen. Klar fühle ich mich gut mit einer Van Staal oder einer Stella aber ich komme niemals auf die selben Weiten . Darüber hinaus muss ich mir bei einer stationären Angelrolle immer den rechten Zeigefinger Tapen um keine Schnittverletzungen zu erleiden. Argumente das ich mit einer Mag-Elite oder einer Penn SQL keine größeren Fische bändigen kann muss ich klar zurückweisen. @ Dirk : Wenn sich ein Brandungsangler nicht weiterentwickelt finde ich das ebenso befremdlich wie immer die selben Gerichte nach den selben Rezepten und den selben Gerätschaften zu kochen. Wer das Angeln lebt entwickelt sich weiter und wer Essen liebt auch. ( Was mir meine Waage stets bestätigt und meine Frau bedauert :-))

  11. Hallo! Habe auf der Wiese mit einer 10.000 Ultegra XT , 30er Mono und der Shamoni Twin Tip schlappe 120 Meter geworfen. Das fand ich frustran
    OTG muß also wenigstens geübt werden
    Ruten zum Casting stehen leider im Keller.

    Zum Fisch fangen hat es zwar bis dato gereicht. Aber das ist ja ein anderes Thema
    TL Uli

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