Grundlagen des Werfens, Teil 1: Körpereinsatz

Die meisten Brandungsangler werfen ganz klassisch kraftvoll über Kopf; das ist in Ordnung, verschenkt aber einiges an Weite, und das aus naheliegendem Grund:

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Der größte Muskel des Körpers sind nun einmal nicht die Armmuskeln, sondern die Rückenmuskeln; da macht es durchaus Sinn, diese ganz besonders einzusetzen, zudem sie schön in den Rumpf eingebettet sind, da kann man neben mehr Kraft auch mehr Gewicht in den Wurf legen, wenn nötig und gewünscht.

Die Offenbarung für viele brachte hierbei John Holden, der über die Jahre tausenden von Anglern das Werfen präsentierte. 2001 war er eingeladen, ein Seminar in Dänemark zu begleiten, und er sagte genau das, was oben geschrieben steht: „Ihr werft alle mit den Armen; das ist okay. Wenn Ihr aber mehr herausholen wollt setzt den Rumpf ein!“. Dann nahm er eine ganz handelsübliche einfache Brandungsrute mit ebenso einfacher Multirolle (Daiwa TDPK12M mit 7HT), steckte das Ende der Rute in die Hosentasche, hielt die Rolle mit der oberen Hand, steckte die andere in die andere Hosentasche, drehte sich ein wenig und… das Blei flog ganz schön!

Darum ist eine einfache Körperdrehung wesentlich effektiver als kraftvolles Reißen (und zudem köder- und materialschonender), mit wesentlich weniger Aufwand erreicht man gute Weiten, mit etwas Übung und mehr hineingelegter Kraft überwirft man leicht jeden Überkopfwerfer.

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Dies wirkt erst einmal einfach; ist es auch, sofern man die Grundlagen verinnerlicht hat, aber die sollte man zumindest einmal üben. Ein paar wenige wichtige Hinweise:

– wichtig ist fester Stand; dies nicht nur, weil Strände oftmals uneben sind und Hinfallen schmerzhaft für Angler und Gerät sein kann, sondern auch, weil man den Körper nur kontrolliert nutzen und sein Gewicht in den Wurf legen kann, wenn er fest steht. Bevor also zum Ende des Wurfes Kraft in selbigen gelegt wird muss der Körper fest mit beiden Beinen in Abwurfposition am Boden stehen. Anlauf, Hopser und ähnliches verderben nur den Wurf und machen ihn instabil.
– Es ist verständlich, dass jeder sofort Resultate sehen und so weit wie möglich sehen will; aber zu schnelles anziehen oder durch den Wurf hetzen, um den Ablauf noch schneller zu machen, macht die Technik nur unsauber, darum sollte man anfangs darauf achten, dass man sich ausschließlich auf saubere Technik konzentriert und den Wurf schön langsam angeht. Umso ordentlicher kann man auch den Wurf abschließen (mehr dazu in einem kommenden Bericht) und einfacher weit werfen.

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Obgleich dies alles so einfach ist, ist es für die meisten Angler kein ’natürlicher‘ Bewegungsablauf, oftmals aufgrund jahrzehntelanger Angelerfahrung, die anderes verinnerlicht hat.
Darum empfehlen wir sehr, dies wirklich mal zu üben, zum Beispiel am Strand – die meisten Brandungsangler gehen eh mit zwei Ruten zum Angeln, da kann eine schon beködert ausgeworfen werden, mit der anderen kann man üben. Besser noch: Man suche sich jemanden, der so zu werfen beherrscht, und lässt ihn zuschauen, dann können Fehler im Wurf gleich erkannt und vermieden werden, denn nichts ist schlimmer, als Fehler erstmal zu verinnerlichen, die wird man nur schlecht wieder los.

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Surfcasting Basics – wie lädt man eine Rute auf?

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In Deutschland gibt es eine recht ansehnliche Anzahl Brandungsangler, die sich größtenteils als Weitwerfer betrachten oder bezeichnen; viele auch als erfahrene oder gute Werfer. Das Wissen um die Grundlagen weiter Würfe ist auch hierzulande gegeben, aber offenbar nicht in den Köpfen aller Angler angekommen (und der Weg über die Wiese, wo man mal messen kann, wie weit man wirklich wirft, ist ungebrochen unpopulär) – man vergleiche hier das jüngste unterhaltsame Beispiel unter http://www.anglerboard.de/board/showthread.php?t=320232 , dort merkt man schnell, worauf es ankommt: Eine Brandungsrute, je teurer desto besser, und viel Kraft, fertig.
Spannend: Die meisten Brandungsangler sind sich einige, dass ein Wurf komplett dynamisch ist und es somit keinen festen Drehpunkt gibt – möglich, viele Angler mögen so werfen, aber wenn man weit werfen möchte gibt es sehr wohl einen (beinahe) festen Punkt, um den sich die Rute dreht, in diesem Sinne auflädt.

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Hierbei ist unerheblich, ob man eine Multirolle oder Stationärrolle nutzt, einen Schleuder- oder Überkopfwurf praktiziert: Das Prinzip ist uralt und bekannt von alten Katapulten:

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Der Fixpunkt in einem Angelwurf ist die obere Hand (bei Rechtshändern in der Regel die rechte); das Gewicht hängt am Beispiel des Katapults oberhalb dieser Hand, nämlich unser Bleigewicht; das Kontergewicht ist der untere Teil der Rute und vor allem die untere Hand, die anfangs die Rute nur führt, zum Ende des Wurfes so schnell und stark zieht wie möglich, der obere Arm soll „nur“ die Rute, also den Wurfarm, führen und in ihrer Bahn halten, dabei also möglichst starr bleiben. Wer es schafft, diesen Arm so steif wie möglich zu halten und zum Ende des Wurfes mit der anderen Hand kontrolliert stark zu ziehen wird automatisch weit werfen, da das Blei auf der Außenbahn bleibt und zum Schluß entscheidend beschleunigt wird.

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Das Ganze ist allerdings nur theoretisch einfach; die Kräfte, die schon bei unseren verhältnismäßig kleinen Gewichten wirken, sind immens, und oftmals trennt sich werferische Spreu vom Weizen schon dadurch, dass die besten es schaffen, den oberen Arm nahezu starr zu halten während des Wurfablaufes, um so das Blei auf der Bahn zu halten und nicht den Schwung, den man mit dem Pendel aufgebaut hat, verpuffen zu lassen.

Aber wenn es einfach wäre könnte es ja jeder…
Dieses Grundprinzip gilt übrigens freilich nicht nur beim Brandungswerfen, sondern auch bei allen anderen Würfen; schon mal darüber nachgedacht, warum man beim Fliegenwurf die Führungshand steif halten soll?

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